Weißweine - Jahrgangspräsentation VDP.Württemberg 09.09.2013
Findet man bei den Rotweinen eine breite Spitze vor, die sich auch im Bundesgebiet sehen lassen kann, so sieht das bei den Weißweinen komplett anders aus. Einzig Jochen Beurer erzeugt hier Weine mit Herkunftscharakter und Wiedererkennungswert vom Gutswein bis zum Grand Cru. Sicher gibt es auch von anderen Weingütern den ein oder anderen starken Weißwein. Jedoch fehlt die Durchgängigkeit in allen Facetten und Rebsorten, vor allem beim Riesling ist hier noch jede Menge Luft nach oben, zumal es sich hier um die meist angebaute weiße Rebsorte der Region handelt. Neue Weißweine braucht das Ländle!
Daher ist das Weingut Beurer aus Stetten im Remstal eine beeindruckende Bereicherung für den VDP.Württemberg. Jochen Beurer präsentiert hier eine Kollektion, die im Anbaugebiet seinesgleichen sucht und auch bundesweit mit den Paradeerzeugern aus der Pfalz, der Nahe und der Mosel mithalten kann. Ganz großes Riesling-Kino, das schon beim Gutswein anfängt! Hier bekommt man schon einen hochwertigen, mineralischen Riesling, der zu vielen Gelegenheiten genutzt werden kann. Die Rieslinge zeigen alle eine klare Handschrift und steigern sich langsam hoch. Bei den Ortsweinen wird hier klar auf Herkunft gesetzt, was bei den Einstiegsweinen Gipskeuper und Schilfsandstein unterstichen wird. Der Kieselstein aus 2011 zeigt bereits das Niveau eines Großen Gewächses und zeigt, wohin die Reise noch gehen wird. Der Wein lag über ein Jahr auf der Hefe und wurde erst im Januar 2013 abgefüllt. Der Wein wird von Mineralität überstrahlt, die dann nur noch vom Stettener Pulvermächer Erste Lage aus 2011 getoppt wird. Beides sind veritable Garnd Crus, auch wenn das (noch) nicht auf dem Etikett steht. Auch die Trend-Rebsorte Sauvignon Blanc zeigt hier schon in der Nase den Beurerschen Charakter und eine tiefgründige Mineralität, die alle Weine begleitet. Dieser Tropfen geht nicht im allgemeinen Wirrwarr dieser Rebsorte unter und zeigt ein klares Profil, auch wenn 18,50 EUR eine klare Sprache sprechen, die aber im Remstal zur Normalität geworden ist.
Eine starke Kollektion zeigt auch hier das Weingut Haidle aus Stetten. Im Basisbereich wird hier bewiesen, dass Kerner nicht nur zur pappsüßen Litwerware taugt, sondern auch ein veritabler Gutswein erzeugt werden kann, wenn man sich Mühe gibt. Der Justinus K. (den 2010er habe ich bereits verkostet) beweist dies Jahr für Jahr und ist eine Benchmark für die Rebsorte. Die Rieslinge vom Stettener Pulvermächer sprechen mich nicht so an wie auf der ProWein 2012 oder 2011. Überragend ist hier erneut der Chardonnay Passion 2011, der nicht nur der stärkste Burgunder dieser Veranstaltung darstellt, sondern sicherlich auch zur Champions League Deutscher Chardonnays zählt. Ein cremiger Burgunder mit außerordentlicher Fruchtfülle und spürbarer Mineralität.
Weiter erwähnenswert ist das Weingut Kistenmacher-Hengerer, eine weitere VDP-Neuaufnahme dieses Jahres. Hier erzeugt man einen tollen Blanc-de-Noir-Sekt aus Trollinger, der mit tollem Mousseux und Tiefgang überzeugt. Eine interessante Alternative für die Brot- und Butterrebsorte der Region, die hochwertigen Genuss bietet. Sehr stark ist hier auch der trockene Muskateller, der eine exotische Fruchtfülle mit einer prägnanten Säure paart. Einer der schönsten Rieslinge des Gebietes wird zudem mit dem Riesling Alte Reben Spätlese trocken 2012 vorgestellt, der einen mineralischen Wiedererkennungswert schafft und aus Gipskeuper-Schilfsandtsein-Böden kommt. Hier zeigt der einzig nennenswerte Betrieb aus Heilbronn seine Visitenkarte.
Ein weiterer neuer VDP-Betrieb zeigt auch interessante Weißweine: Markus Heid aus Fellbach. Er zeigt mit dem Sauvignon Blanc den interessantesten Verteter dieser Rebsorte, die sich zur Melkkuh des Landes entwickelt hat und im Remstal bundesweit die höchsten Preise erzielt. So sind die 16,50 EUR ab Hof nicht weiter verwunderlich, aber im Kontext gesehen ist das dann schon wieder als Schnäppchen zu betrachten, da andernorts um 20 EUR und in der Spitze auch über 30 EUR bezahlt werden müssen. Ein weiterer Wein aus Erster Lage ist der Riesling vom Stettener Pulvermächer, der durchaus das Zeug hat, zum Großen Gewächs klassifiziert zu werden und sich mit der nachhaltigen Mineralität durchaus in der Gebietsspitze wiederfindet.
Ein weiterer Top-Wein kommt auch aus einem Fellbacher Weingut: der Weißburgunder Marienglas GG 2012 aus dem Untertürkheimer Gips vom Weingut Aldinger. Ein kräftiger Vertreter seiner Gattung, wo jedoch das Holz wunderbar eingebunden ist. Eine cremige Fülle wird hier durch eine begleitende Würze und Mineralität unterstützt. Ein fürwahr großer Pinot! Der Riesling GG Bergmandel 2012 kann hier leider nicht mithalten. Auch nicht der Sauvignon Blanc aus 2012, der sicherlich zu den beliebtesten im Ländle zählt, aber mittlerweile auch mit 18,70 EUR ab Hof zu den teuersten. Wobei dieser auch hier erzeugt wird, und zwar der "Ovum", der im Beton-Ei ausgebaut wird und im 3er-Pack für 112 EUR ab Hof erhätlich ist. Der Wein konnte nicht verkostet werden, da hier nur 1000 Flaschen erzeugt werden. Ich bin mal gespannt, wie lange dieser Sauvignon-Hype noch anhält....
Einen meiner Lieblingsweine der Region zeigte Christian Dautel: den Riesling Besigheimer Wurmberg 2012, der mittlerweile als Erste Lage klassifiziert wird. Diese mineralische Würzigkeit, die mit exotischen Früchten gepaart ist, macht diesen Wein einzigartig und verschafft ihm einen Wiedererkennungswert, der vielen Weinen der Region fehlt. Ein wahrer Grand Cru, den ich bisher immer über dem GG Grübenstein positioniere, bei dem zumeist die Wucht und der Alkohol im Vordergrund stehen. Sehr stark ist auch der als Ortswein klassifizierte Weißburgunder Gipskeuper, der eine enorme Saftigkeit und Cremigkeit zeigt, obwohl er kein Barrique gesehen hat.
Last but not least will ich noch einen weiteren Pinot erwähnen, den das Weingut Wachtstetter präsentiert hat: den 2012 Grauburgunder Pfaffenhofer Hohenberg, der als Erste Lage klassifiziert wird. Hier ist ein vielschichtiger Burgunder im Glas, er zeigt Präzision, gelbe Früchte und einen wunderbaren Abgang und zeigt mit 14,50 EUR ab Hof ein schönes Genuss-/Preisverhältnis. Ein weiterer Weißwein aus der Burgunderfamilie, der in der Region ein Ausrufezeichen setzt!