Weißweine - Jahrgangspräsentation VDP.Württemberg 14.09.2015
Die Verkostung der Weißweine wird dieses Jahr von einer Lage überstrahlt: Stettener Pulvermächer. Sie kristallisiert sich immer mehr zum Riesling-Hotspot des Ländles heraus. Geprägt ist sie durch Schilf- und Kieselsandstein mit Gipskeuper. Die Weingüter Beurer, Haidle und Heid bilden hier eindeutig die Speerspitze.
Aushängeschild des schwäbischen Weißweines ist nach wie vor Jochen Beurer. Sein Riesling GG 2014 vom Pulvermächer ist state of the art der Region. Expression und Mineralik zeigen eine umheimliche Spannung, ein wahrhaftiger Grand Cru, der locker mit den Topweinen aus Rheinhessen, Rheingau, Pfalz und Nahe in einer Liga spielt. Überragend! Auch bei den Ortsweinen setzt er Maßstäbe mit seinen Terroirweinen Gipskeuper (dieses Jahr bärenstark) und Kieselsandstein (den 2012er habe ich hier verkostet). Zudem zeigte er den beeindruckendsten Sauvignon Blanc mit dem Pulvermächer 2014, einem Wein, der sofort zupackt und fesselt und förmlich nach dem nächsten Schluck schreit. Chapeau! Dieses Weingut gibt im Ländle eindeutig den Takt vor in Sachen Weißwein.
Wie beim Rotwein zählt das Weingut Haidle zu den positiven Überraschungen dieser Präsentation. Moritz Haidle bringt schmeckbar mehr Rasse und Spannung in seine Weine als dies zuvor der Fall war. Sämtliche Weißweine zeigen nun das Potenzial ihrer Herkunft. Überragend auch hier beim Riesling das GG 2014 vom Pulvermächer, das nun reichlich Ecken und Kanten zeigt, zudem mit einer messerscharfen Mineralität gesegnet ist. Etwas schlanker, aber minder spannend ist das Pendant des Pulvermächer als Erste Lage. Ein absoluter Preis-Leistungstipp in dieser Liga für 14,50 EUR und besser als viele GGs im Ländle. Beim Ortswein präsentiert bereits der Schilfsandstein die Visitenkarte der Rieslinge des Hauses. Moritz zeigt mit seiner Kollektion, wohin die Reise gehen kann. Wenn er das Niveau stetig steigern kann, kann auch er in die Bundesspitze vorstoßen!
Spannendes gibt es auch vom Weingut Heid aus Fellbach zu vermelden. Seither war ich eher von den Rotweinen des Hauses angetan. Hier hat sich das Blatt komplett gewendet. Die Weißweine machen nun richtig Spaß, beide Rieslinge fesselten mich vom ersten Moment. Allen voran auch hier der Pulvermächer GG 2014, auf den Spuren von Beurer und Haidle komplettiert man hier das Trio der Top-Weine der Region. Ein überragender Weinwert ist auch bereits der als Gutswein deklarierte "Steinmergel"-Riesling. Ein feingeschliffener Diamant an Mineralität. Ich kenne kaum stärkere Gutsweine in Deutschland. Für 9,50 EUR kann man getrost ein paar Flaschen ins Regal legen. Weiter so!
Auch aus Fellbach kommend, zeigt das Weingut Aldinger den einzigen Spitzenriesling, der an das Top-Trio mit den Pulvermächer-Rieslingen herankommt: das GG 2014 Fellbacher Lämmler. Etwas burgundischer als die zuvor genannten, erzeugt er mit einer packenden Säure ein wunderbares Erlebnis mit einem blitzsauberen Abgang. Die Rieslinge werden hier jedes Jahr spannender. Schade, dass dies der einzige Riesling war, der gezeigt wurde. Stark wie immer ist der Sauvignon Blanc aus 2014, für den die Aldingers auch bundesweit bekannt sind.
Zwei bemerkenswerte Ortsweine aus 2014 zeigt Fürst Hohenlohe Öhringen. Beim Riesling brachte man eine knackige Mineralität ins Glas, die den Gaumen mit einer feinen Säure umgarnt. Ein kompromissloser Wein ohne Zuckerschwänzchen. Klasse! Gleiches trifft auf den Weißburgunder zu, der eine gute Mischung von Schmelz und Rasse repräsentiert. Leider wurde das Riesling GG aus 2014 nicht gezeigt.
Mit dem Riesling vom Besigheimer Wurmberg 2014 zeigt das Weingut Dautel seinen einzigen Spitzenwein in diesem Jahr. Beim GG, egal ob es nun Steingrüben, Grübenstein oder Sonnenberg heißt, fehlt mir immer die Spannung, der Alkohol steht hier im Vordergrund. Die facettenreiche Mineralität des Wurmberges fehlt mir hier. Der Wurmberg ist der wahre Grand Cru. Leider wurden auch keine Top-Burgunder gezeigt, die normalerweise die Speerspitze des Weingutes repräsentieren. Ein im Barrique ausgebauter Kerner, namens "Freisinn", konnte da nicht trösten. Ein ganz nettes Weinchen, aber bitte, wer soll hierfür 23 EUR ausgeben?
Erwähnen möchte ich noch zwei wunderbare Sauvignons von Ellwanger und Schnaitmann. Beide gehören auch bundesweit in die Spitzengruppe. Letzterer zeigte mit seinem Riesling GG 2014 vom Fellbacher Lämmler noch einen starken Riesling, der jedoch nicht die Spannung und den Nachhall von Aldingers Pendant besitzt.